Zugmaschine im Blaumann

Das Projekt Wiederaufbau einer Zugmaschine IFA Horch H6Z – Über die Betriebsgeschichte und einen Spitznamen, vom Suchen und Finden und wie das Fahrzeug vollkommen erneuert ziemlich alt aussieht.

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In den 1950er bis Mitte der 1960er Jahre waren Lastwagen der DDR-Hersteller eher die kaum beachteten Arbeitstiere im Transport- und Verteilprozess der Planwirtschaft. Es gab keine nennenswerte Vielfalt nach Marken, Typen und Ausführungen. Allein die (damals) schweren Lkw IFA Horch H6 fanden etwas Aufmerksamkeit.

Mit ihrem imposantem Aussehen zeugte diese Typenreihe nicht nur vom Konstrukteurs-Ehrgeiz. Zum Serienstart war sie auch technisch durchaus auf dem aktuellen Stand. Bedauerlicher Weise fielen Weiterentwicklung und Nachfolgemuster zunächst wirtschaftlichen Schranken und später der politisch verordneten Arbeitsteilung zwischen den RGW-Staaten zum Opfer.

(+) Die erste H6Z (1950er Jahre): Fotostopp am Blasewitzer Elbufer in Dresden

Der VEB (K) Verkehrsbetriebe der Stadt Dresden beschaffte im Jahr 1955 zwei Zugmaschinen vom Typ IFA H6Z. Die Fahrzeuge erhielten u.a. zusätzliche Anhängevorrichtungen zum Bugsieren und Schleppen schwerer Lasten. Mit weiterer zweckentsprechender Ausrüstung versehen, wurden sie vor allem zum Pannenhilfs- und Abschleppdienst im Busliniennetz eingesetzt.

(+) Die zweite H6Z (1950er Jahre): Vor dem Busbetriebshof in Dresden-Blasewitz

In Störungsfällen wurde üblicher Weise ein Einachs-Kastenanhänger mitgeführt, auf dem u.a. die Ersatzräder zum Wechseln bei Reifenpanne verstaut waren. Bei größeren Havarien wurden die Busse mit der Abschleppstange angekuppelt und in die Werkstatt überführt. Und wenn draußen mal keine Störung anlag, war auf den Höfen und in den Werkstätten stets etwas zu rangieren.

(+) "Wumme" beim Rangieren (1950er Jahre): Alles H6 oder was?

Wegen ihrer kraftvoll-gedrungenen Anmutung wurden die H6Z von den Mitarbeitern einfach ”Wumme” genannt. Mit diesem Spitznamen blieben die Zugmaschinen über ihre Einsatzzeit hinaus eine Legende in der Geschichte des
Busbetriebes in Dresden. Leider ist keines der beiden Fahrzeuge erhalten geblieben.   

(+) H6-Aufbauobjekt, Vereinsfreund (2007): Das kriegen wir schon hin!

So etwas müssen wir wieder haben – Mit dieser Vision ging ein als H6-Jäger und -Sammler bekannter Vereinsfreund auf die Suche nach dem geeigneten Aufbauobjekt.

    
Im Mai 2007 war es dann soweit: Ein ”H-SEX”-Exemplar (siehe Stoßstangen-Aufschrift!) stand endlich wieder in der Halle.

(+) Arbeitsstand 06.11.2009
(+) Arbeitsstand 22.03.2012

Wie bei vielen Oldtimern hat auch dieser eine etwas skurril anmutende Vorgeschichte. Irgendwann soll auf das kurze Z-Fahrgestell eine W50-Kippmulde montiert worden sein. Warum? In der DDR hatten private
Fuhrunternehmer kaum eine Chance, fabrikneue Lkws erhalten zu können. Für welchen Einsatzzweck auch immer, stets war also Improvisationsvermögen gefragt ...   

Nach allgemeiner Sichtung ging es nun an die mit einer Demontage verbundene Teile-Untersuchung. Leicht nachvollziehbar, wie deprimierend das sein kann. Recht schnell war klar, dass auch bei diesem Projekt wieder alle Gewerke des Kfz-Handwerks beteiligt sein werden.

Besonders in der mehr als zwei Jahre dauernden ersten Phase brauchten die mitwirkenden Vereinsfreunde viel Fantasie und Motivation. Erste neue Blechteile, ein frisch glänzender Motorblock und Fahrgestell wirkten als Katalysatoren auf Geist und Kraft. Jetzt gab es keinen Zweifel mehr, dass eine Dresdner Legende wieder auferstehen wird.

(+) Arbeitsstand: 24.07.2012
(+) Arbeitsstand: 14.11.2012

Alsbald ging es an die Farbgebung für die Aufbauten. Es sollte das damals typische Signalblau der Verkehrsbetriebe-Wirtschafts-fahrzeuge sein. Neben Montage- und Einstell-arbeiten an Motor, Kraftübertragung und Antriebseinheiten wurden die Karosserie-arbeiten an Kabine und Frontverkleidung fortgeführt.

Mit dem Aufsetzen der kurzen Pritsche mit hölzernen Bordwänden hat die Zugmaschine nahezu das von früher bekannte Aussehen wieder erlangt.

Als Gimmick für die Detail-Fanatiker ist auch das Anhänger-Dreieck aufs Kabinendach gekommen. Eine rechtliche Vorschrift für diese historische Signalanlage gab es allerdings nur bis zum Jahr 1958.

Mitte November des Jahres 2012 konnten aufmerksame Passanten erstmals wieder eine Dresdner H6-Zugmaschine im öffentlichen Verkehrsraum erleben. Für eines der letzten in der ehemaligen Werkstatt Tolkewitz abgestellten Vereinsfahrzeuge erfolgte mit Hilfe weiterer DVB-Oldtimer der Umzug in unser neues Domizil nach Trachenberge.

(+) Auszug aus der Werkstatt Tolkewitz (17.11.2012)
(+) Schleppverband auf der Borsbergstraße (17.11.2012)
(+) Ankunft im Betriebshof Trachenberge (17.11.2012)

Am Wochenende 08./09.12.2012 wurde die ”Wumme” im Rahmen der vorweihnachtlichen Öffnungstage des Straßenbahnmuseums Dresden erstmals wieder der Öffentlichkeit gezeigt.

In den zurückliegenden Monaten erfolgten umfangreiche Komplettierungs- und Einstellarbeiten. Mit der fertiggestellten Außenbeleuchtung haben besonders die Ansichten der Front- und Heckseite etwas Lebendiges bekommen. Die Kabinenfenster einschließlich der Türen sind nun verglast.  Auffällig sind auch die neuen Luftleitungen mit den dazugehörigen Armaturen. 

 

(+) H6Z vor Einstellarbeiten: Lebendige Frontansicht

Im März 2014 wurden die Arbeiten an der Elektrik und am Motor soweit abgeschlossen, dass am 16.03. erstmals wieder angelassen werden konnte.

Der Motor läuft rund und wir freuen uns auf das Jubiläumswochenende 05./06.04., wenn die "Wumme" im alten Glanz auf dem Betriebshof Gruna ihren großen Auftritt haben wird. » Aktuelle Galerie

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